Daniela von UNBITE und FINAL GIRL im Interview

Bei GRRRLZ* TO THE FRONT kommt heute Daniela zu Wort, die nicht nur in zwei Bands aktiv ist, sondern auch ein eigenes Tonstudio besitzt und im Booking gearbeitet hat – also zu viel, um es in der Überschrift abzubilden 😀 Viel Spaß beim Lesen und Stöbern und bis nächste Woche!

Hallo Daniela, schön, dass ich dich auch hier im neuen Format der Interview-Reihe gewinnen konnte. Bevor wir übers Tonstudio reden, erst einmal zu einer deiner Bands: Du spielst Bass und singst bei UNBITE, vor Kurzem habt ihr erst eine neue LP rausgebracht – wann und wie habt ihr euch gegründet?

Unbite gibt es seit 2019. Wir sind ein Trio und lieben den Noiserock. Wir mögen es laut und sperrig, vor allem mögen wir übertrieben krasse Gitarren- und Bass-Sounds und ein extremes Schlagzeug. Helge sorgt regelmäßig dafür, dass alles anfängt zu fliegen. Egal was er am Schlagzeug macht, es groovt einfach abartig. Basti ist ein echter Wildfang. Er spielt schon ewig geil Gitarre, das was er jetzt allerdings raushaut, hat irgendwo ganz tief in ihm nur darauf gewartet, los zu gehen. Das merkt man richtig. Ich liebe es, mit den beiden diese Band zu haben und den Bass zu spielen. Wir sind uns sehr einig.

Bleiben wir noch kurz beim Band-Geschehen: Du hast noch ein zweites Projekt FINAL GIRL. Wie kam es dazu? Sind reine Frauenprojekte doch etwas ganz anderes als gemischte Bands?

Ja, Final Girl, das ist meine sehr gute Freundin Elin Doka an der Gitarre und ich am Bass. Wir sind sozusagen die Überlebenden aus unserer früheren Mädchenband „Rich“, die sich Ende 2015 aufgelöst hat. Deshalb der Name Final Girl. Frauenprojekte sind bestimmt ein bisschen anders, wobei man sagen muss, eigentlich gleicht keine Band der anderen. Wichtig ist, dass man sich gegenseitig mag, am besten man findet sich gegenseitig richtig geil. Dann passt’s. Frauen zeigen das, wie ich finde, mehr als die meisten Männer. Außerdem ist es schlicht und ergreifend unbezahlbar, mit der mitunter besten Freundin Musik zu machen. Das sollten alle mal probieren.

Oh ja! Machst du auch das Booking für deine beiden Bands und wie unterscheidet sich das?

Naja, die Zeiten in denen Frauen, die elektrische Gitarren spielten vom männlichen Publikum empört mit Bierflaschen beworfen wurden, sind längst vorbei. Im Gegenteil, für mich ist es heute eher leichter einen Gig für eine Frauenband zu bekommen, als anders herum.

Vielleicht kannst du uns eine Anekdote aus dem Tour-Alltag erzählen. Wie ist das als einzige Frau in der Band mit UNBITE? Gibt es besonders einprägsame Erlebnisse oder hast du dich in irgendeiner Art und Weise schon mal aufgrund deines Geschlechtes nicht ernst genommen oder benachteiligt gefühlt?

Nein. Ich glaube gar nicht, dass das Geschlecht beim Musik machen so eine große Rolle spielt. Vielleicht mehr in der Wahrnehmung von außen. Für mich ist Musik machen kein Wettbewerb. Wenns menschlich passt, dann läufts.

Okay. Nun aber zu etwas anderem: Du hast seit 2007 ein eigenes Tonstudio. Wie kam es dazu und was konkret machst du da? Welche Bands nimmst du auf?

Ich bin Autodidaktin. Die ersten Jahre habe ich zunächst im Netzwerk mit freien Toningenieuren und Komponisten gearbeitet. Irgendwann habe ich mich dann selbst an die Regler gesetzt und mache inzwischen neben Sprachaufnahmen, Film- und Live-Ton auch Bandprojekte. Außerdem produziere ich Musikvideos, schneide Filme und arbeite mich zur Zeit intensiv in das Thema Konzert Live-Streaming ein.

UNBITE

Du hast außerdem auch für ein Jahr das Booking, den Ton und die Betreuung von Bands in “Gaby’s Gruft” in Stuttgart gemacht. Wie war das für dich? Hast du beim Booking beispielsweise darauf geachtet, dass das Verhältnis von Frauen und Männern auf der Bühne ausgeglichen ist? Welche Schwierigkeiten gibt es dabei?

Gaby’s Gruft im Stuttgarter Osten, war ein legendärer Live Laden mit Schwerpunkt Punk und Metal, den es leider nicht mehr gibt, weil zum Jahresende 2018 der Mietvertrag ausgelaufen ist. Ich durfte dort ein Jahr lang das Booking machen und habe die Gelegenheit am Schopf gepackt, als Gastgeberin neben den lokalen Acts auch Bands aus ganz Europa und aus Übersee einzuladen und zu beherbergen. Auch, um ein wenig davon zurückzugeben, was ich selbst auf Tour durch teilweise sensationell gute Gastgeber erlebt hab. Mit der nicht weniger legendären Gaby zusammen, war das schon ein ziemliches Paket an Frauenpower und auch auf der Bühne hat es an Frauen wirklich nicht gefehlt. Schwierigkeiten hatten wir vor allem mit der Nachbarschaft, wegen des Lärms, weil die Gruft mitten im Wohngebiet war. Deshalb gab’s bei fast jedem Konzert einen Besuch von den Ordnungshütern.

Was denkst du sind die Gründe dafür, dass auf den Bühnen trotzdem immer noch mehr Männer als Frauen* zu sehen sind?

Gute Frage, das ist zum Beispiel in der klassischen Musik oder wenn es allgemein darum geht, akustische Instrumente zu spielen, ganz anders. Da ist der Frauenanteil deutlich höher. Aber in der Rockmusik fällt das schon auf, da hast du recht. Ich vermute, das liegt daran, dass du fürs Musik machen in einer eingestöpselten Band, auch Lust auf den ganzen technischen Kram haben musst. Ich kann für meine Generation schon sagen, dass Frauen weniger Bock auf Technik haben, als die Männer. Ich sehe aber auch, dass die jüngeren Frauen damit viel unbefangener umgehen und auch immer mehr in technische Berufe gehen.

Was denkst du, wie sich die Position von Frauen* im Musikbusiness in den letzten 10 Jahren verändert hat? Hast du eine Art “Turning Point” erlebt?

Da hat sich nicht nur in den letzten 10 Jahren einiges getan. Allein, weil inzwischen der Einstieg ins Musikbusiness nicht mehr zwingend an einem Studium oder etwa einem Plattenvertrag hängt. Es gibt heute weniger Hürden und mehr Selbstbestimmung und Möglichkeiten zur direkten Vermarktung übers Netz. Auf diese Weise musst du als Frau weniger an der noch oft männlichen Entscheider-Ebene vorbei. Du überzeugst viel direkter mit dem was du kannst oder bist.

Bezeichnest du dich als Feministin und wenn ja, was bedeutet das für dich?

Das ist ein sehr starker Begriff. Ich glaube Feministin ist man nicht mal ebenso im Vorbeigehen. Genauso wenig, wie man nebenbei Aktivistin oder Menschenrechtlerin ist. Ich meine, diese Frauen investieren ein beachtliches Maß an (Lebens-) Zeit und Arbeit in die Sache und setzen sich wirklich ohne Rücksicht auf eigene Verluste persönlich dafür ein. Das ist bewundernswert.

Ich habe gerade zwei sehr gute Bücher dazu gelesen. „Die Wilde Frau“, von Angelika Aliti und das kürzlich erschiene „Lebenswerk“ von Alice Schwarzer. Diese Frauen haben für mich zu diesem Thema eine starke Vorbildfunktion und das prägt natürlich auch mein Selbstbild als Frau und meine Haltung zu den Geschlechtern und zur Gleichberechtigung.

Hast du für die Leser*innen noch eine Botschaft, die du hier gern mit auf den Weg geben möchtest oder etwas, was du sonst noch gern beantwortet hättest? Gern kannst du an dieser Stelle auch weitere Projekte empfehlen.

Ja, sagt weniger „das kann ich nicht“, sagt besser „das kann ich noch nicht“.

Danke für das Interview, Daniela!

Links:
www.frau-schuebel.de
unbite.bandcamp.com