„Ich bin ja keine Punk-Ikone“: Blümchen im Interview zu ihrem Auftritt beim Ruhrpott Rodeo 2019

Alex Schwers, der alte Fuchs, hat einen ziemlichen Coup gelandet! Beim seinem diesjährigen Ruhrpott Rodeo in Hünxe vom 5. bis 7. Juli wird der Techno-Act Blümchen als „Special Guest“ auftreten. Nun gab es immer mal wieder Künstler*innen außerhalb der Reihe der üblichen Punk-Verdächtigen beim Rodeo, aber anders als beispielsweise Schlagersänger Christian Steiffen, Elektroseemann Rummelsnuff oder Haschbruder Götz Widmann betritt er mit der in den Neunzigern populären Eurodancerin Blümchen Neuland. So weit weg vom Punk war Schwers noch nie. Die Reaktionen im Netz sind gespalten: Einige sind vollkommen begeistert, andere total aus dem Häuschen. Aber es gab auch kritische Stimmen, die um „ihr“ Festival fürchten und sehen einen Dammbruch Richtung Kommerzialität.

Aber wie sieht es eigentlich die Künstlerin selbst? Wir haben mit Jasmin Wagner aka Blümchen telefoniert.

Plastic Bomb: Liebes Blümchen, Ganz ehrlich: was hast du gedacht, als die Booking-Anfrage für ein Punk-Festival wie das Ruhrpott Rodeo reinkam?

Blümchen: (Überlegt) Das es spannend ist und dass ich, wenn ich vorbeikomme, gern das ganze Festival mitmachen würde. Ich habe zwei Kumpels von mir gefragt, ob sie mitkommen und mit mir dort Zelten wollen. Daran habe ich zuerst gedacht.

Aber Zelten dann schon im Backstage, oder?

Nicht zwangsläufig. Ich gehe sonst auch auf Festivals Zelten. Aber es ist schon angenehmer, einen Backstagepass zu haben, klar. Ein paar meiner Freunde sind aktive Punkfans, sag ich mal. Mit denen habe ich als Erstes darüber geredet, ob die Lust haben, mit mir das ganze Wochenende dort zu sein. Ich finde e generell schön, mich schon dem Ganzen hinzugeben, wenn ich sowas mache.

Auf welche Acts freut ihr euch denn besonders?

Also, es ist nicht so, dass ich jede Punkband kenne. Als ich jung war, hatte ich nicht so wirklich Zeit, Punkbands kennen zu lernen, denn da war ich mit meiner eigenen Musik beschäftigt. Aber meinen Kumpels ist beim Blick auf das Line Up richtig das Herz aufgegangen. Da spielen Bands beim Ruhrpott Rodeo, mit denen sie groß geworden sind und bei denen sie sich gewundert haben, dass die immer noch spielen. Ein Kumpel von mir veranstaltet auch ein kleines eigenes Punkfestival. Es gibt also irgendwie immer kleine Synergien. Für mich ist Musik da, um gehört zu werden. Und wenn die den Gedanken sympathisch finden, kann ich mich dafür auch begeistern.

Weißt du, warum der Alex Schwers ausgerechnet dich ausgewählt hat?

Es gibt wohl eine Wunschliste der Kuriositäten und da war ich wohl ich drauf.

Haha, siehst du dich selbst als Kuriosität?

Na, bei einem Punkrock-Festival vielleicht, ansonsten nein.

Wir haben ja bereits über dein Verhältnis zum Punk gesprochen. Die Bezüge sind ja da. Mit Bela B hast du vor vielen Jahren ja auch mal Turbonegro gecovert. Was ist da sonst noch?

Ich bin ja jetzt keine Punk-Ikone. Das ist allen klar. Aber für mich geht es am Ende bei Musik immer um Energie. Wenn die stimmt, dann kann sie Leute zum tanzen bringen, bewegen und zum mitsingen anregen. Und das finde ich das Schöne an Musik. Das kann Musik und ich labele das nicht. Ich schließe nichts aus. Ich liebe die Energie, die Punk hat und ich finde, in den Neunzigern hatten Punk und Techno tatsächlich auf eine unterschiedliche Weise eine Ähnlichkeit in ihrem Protest, ihrer Energie, ihrer Freiheit in ihrem Extrem. In den Neunzigern waren Punk und Techno an zwei verschiedenen Enden die Extremen der Musik. Und vielleicht ist es das, was gemeinsam ist. Ich freu mich einfach drauf.

Die Reaktionen im Netz sind ja unterschiedlich, wenn man sich ein bisschen durch die Kommentare klickt. Viele sind begeistert, aber einige sind auch kritisch. Wie willst du die kritischen Punk-Puristen, die durchaus auch da sein werden, überzeugen?

Das ist gar nicht mein Bestreben. Einige wollen bestimmt eine halbe Stunde mit mir verbringen und andere wiederrum gehen in der Zeit woanders hin. Es ist ja ziemlich frei und niemand wird gezwungen, sich mein Konzert anzusehen. Mir ist natürlich klar, dass es eine polarisierende Komponente hat.

Und vor den negativen Reaktionen hast du keine Angst?

Nein, gar nicht. Ich finde es total in Ordnung, dass mein Auftritt polarisiert und das nicht jeder es super findet. Ist ja auch ein spezieller Rahmen für meine Musik. Das macht es für mich auch so spannend Ich finde auch nicht alles super, ist doch ganz klar. Ich gehe wie gesagt davon aus, dass es an dem Tag viele Optionen gibt und wer in dem Moment denkt, dass es nicht sein Ding ist, soll woanders hingehen. Alle Punkrocker, die ich kenne, sind durchaus höfliche Menschen.

Hat sich da etwas in der Wahrnehmung geändert? Trotz der von dir aufgezählten Gemeinsamkeiten finde ich, dass sich Punk und Techno doch lange gegenüber standen. Bands wie Egotronic, die beide Elemente mischen, kamen ja erst später. Warum ist das jetzt offener?

Mir wurde mitgeteilt, dass es beim Festival so eine Art Blümchen-Camp gibt, wo den ganzen Tag Blümchen läuft und man Spaß damit hat. Ich finde, dafür ist die Musik da. Soweit ich weiß sucht sich das Ruhrpott Rodeo immer ein Special aus und es gibt eben diese Wunschliste, auf der ich seit Jahren ziemlich weit oben stehe. Jetzt trete ich wieder als Blümchen auf. Es ist sehr, sehr einfach und kein Politikum. Wir wollen die Welt nicht verändern, sondern ein bisschen Zeit miteinander verbringen.

Aber apropos Politikum: Du hast auf Instagram den Lauti-Jingle der „AfD wegbassen“-Demo letzten Sommer geteilt. Jetzt sind vor einigen Wochen deine Kolleginnen und Kollegen von den Vengaboys unbewusst politisch geworden durch den Ibiza-Soundtrack zum Strache-Rücktritt. Wird Dance-Musik auch vor dem Hintergrund des Strache-Rücktritts wieder politischer?

Naja, dass hat ja damit zu tun, dass der Herr auf Ibiza war. Wäre er auf einer anderen Insel gewesen, hätte es mit dem „Ibiza“-Lied der Vengaboys so nicht funktioniert. War das nicht einfach nur ein Gag?

Ja, die Vengaboys sind ja dann auch in Wien bei einer Demo aufgetreten.

Aber es ist ein Gag, den sie für sich genutzt haben. Das ist Marketing in eigener Sache. Hätte der Vorfall auf einer anderen Insel stattgefunden, hätten die Vengaboys keine Berührungspunkte mit der Affaire  gehabt. Das sind eher Zufälle, von dem die Band profitiert. Mit der Sache hat es nichts zu tun.

Aber um nochmal auf dein Engagement zum Thema „AfD wegbassen“ zu kommen…

Na, wer findet denn die AfD gut? Und wenn meine Freunde und Bekannte alle auf der Demo sind und sich engagieren, ist es für mich doch ein Leichtes, etwas auf Instagram zu teilen! Da nehme ich gern den Missmut aller AfD-Wähler in Kauf! Das ist total in Ordnung.

Letzte Frage: Ist etwas besonderes beim Rodeo geplant? Wirst du dir einen Iro rasieren oder eine Hardcore-Punk-Version von „Boomerang“ singen?

Nö, ich mach einfach mein Ding.